„Das Leben feiern“
30. Januar 2018
Wunder
12. Februar 2018

Gesund trotz Stress – aber wie?

Referent: LKH Hohenems Department für Psychosomatik, Prim. Dr. Georg Weinländer, Hohenems, Leiter des Dept. für Psychosomatische Medizin am Landeskrankenhaus Hohenems

Gestern war ich wieder einmal zu Besuch in Batschuns um mir einen Vortrag anzuhören, dessen Thema mich sehr interessiert hat. „Gesund trotz Stress- aber wie?“

Prim. Dr. Georg Weinländer hat sich im Gegensatz zu dem „Frontalunterricht“, wie man ihn oft gewohnt ist eine andere abwechslungsreiche Art von Vortrag einfallen lassen. Er hat sich dafür entschlossen keiner vorgefertigten Struktur mittels Power Point oder anderen technischen Hilfsmitteln zu folgen, sondern das Gespräch an den Fragen zu orientieren, welche ihm von den „Zuhörern“ gestellt werden.

Zunächst hat uns Dr. Weinländer einen kurzen Einblick in die Thematik „Psychosomatik“ gegeben, sprich die Wechselwirkung von Psyche und Soma (Körper). Laut Dr. Weinländer sind unser Geist und unser Körper sehr eng miteinander vernetzt und in ständiger Wechselwirkung zueinander. Wenn wir zum Beispiel eine schlechte Diagnose (Krebs oder andere schwere Erkrankungen) bekommen kann das eine Auswirkung auf unsere Psyche haben und umgekehrt ebenfalls. Wissenschaftlich ist diese Wechselwirkung oft schwer zu beweisen, doch unter anderem hat man herausgefunden, dass wenn kindliches „Neugierverhalten“ unterdrückt wird, dass das unter anderem die Tendenz des Entstehens von Stresserkrankungen (Migräne…) im Alter fördert.

Nun möchte ich euch, wie auch Dr. Weinländer es uns gegeben hat eine Übersicht zum Begriff „Stress“ und verschiedener Faktoren und Ansätze zu diesem Thema geben. Hans Hugo Bruno Selye CC war ein ungarisch-kanadischer, Mediziner, Biochemiker und Hormonforscher. Er entwickelte in den 1930er-Jahren die Grundlagen der Lehre vom Stress. Der Begriff „Stress“ wurde zunächst nur für die Belastbarkeit von Materialien verwendet… sprich, welchem Stress diese Materialien in der Lage waren Stand zu halten. Der Begriff wurde dann für Versuche mit Tieren und in weiterer Folge auch bei Menschen verwendet.

Das Gehirn eines Menschen besteht aus 400 Milliarden Neuronen und jedes Neuron besitzt bis zu 10.000 Vernetzungen – und genau das bestimmt, wie wir mit Stress umgehen. Jede Situation wird von uns wahrgenommen und mit unseren sechs Sinnen (Hören, Fühlen, Sehen, Riechen, Tasten und Gleichgewicht) wahrgenommen und unbewusst gespeichert. Wenn wir nun diese oder eine ähnliche Situation erleben beeinflusst die „gespeicherte“ Erfahrung unsere Reaktion darauf und auch inwiefern uns dieses Erlebnis „stresst“. Ein Beispiel anhand dessen uns Dr. Weinländer diesen Vorgang verdeutlicht hat ist die Reaktion auf einen Hund, der auf uns zuläuft. Wenn wir nun als Kind bereits negative Erfahrungen mit Hunden gemacht haben wird die Reaktion auf diesen Hund anders ausfallen, als wie wenn wir auf positive Erfahrungen zurückgreifen können. Diese oft negativen Erfahrungen werden in unserem Unterbewusstsein gespeichert und können unsere Reaktion und unser „Stresslevel“ beeinflussen.

Es ist möglich, diese unterbewussten „Programme“ zu überschreiben, aber es erfordert viel Konsequenz und oft ist Unterstützung notwendig (Therapeut, Familie, etc…). Man kann es damit vergleichen, wenn wir aufgrund einer Verletzung an der rechten Hand gezwungen sind alltägliche Dinge, z.B. Zähneputzen mit links zu machen. Am Anfang erscheint es uns fast unmöglich, doch mit der Zeit gewöhnen wir uns daran und es wird „beinahe“ selbstverständlich.

Wie wir auf Stress reagieren hängt also oft davon ab, ob wir diese oder eine ähnliche Situation bereits erlebt haben und wie unsere bewusste oder oft auch unbewusste Erinnerung daran unser Verhalten beeinflusst. Wie wir in einer Situation reagieren beziehungsweise diese bewerten und dadurch entscheiden, ob sie uns „stresst“ ist sehr individuell. Es gibt sogenannte innere (z.B. Ängste, Ambitionen, Sorgen, Frust) und äußere Stressoren (z.B. Konkurrenzdruck, Zeitdruck, Alkohol, Koffein…) – doch ob und inwieweit sie uns „stressen“ hängt mit unserer individuellen Bewertung ab. Stress ist somit eine „unspezifische“ Reaktion.

Wie wir mit Stress und herausfordernden Situationen umgehen wird also unter anderem durch Erfahrungen und Erlebnissen aus unserer Kindheit beeinflusst. Weitere wichtige Faktoren, die unseren Umgang mit solchen Situationen prägen ist, was uns durch unser Umfeld – speziell durch unsere engsten Bezugspersonen vorgelebt wird. Sind die Reaktionen oft übertrieben und „überängstlich“ neigen wir auch eher dazu diese Strategien bei der Bewältigung „stressiger“ oder „angsteinflößender“ Erlebnisse anzuwenden.

Der Hauptgrund zum Beispiel für Aggressionen in Situationen, die mich „stressen“ ist, dass wir uns durch eine Aussage, eine Reaktion etc. unseres Gegenübers angegriffen fühlen und dieses Gefühl wird oft verstärkt beziehungsweise „getriggert“ durch unsere Erfahrungen und das Ausmaß unseres „Selbstwertes“ und unserer „Selbstliebe“. Nur wenn wir bereits als Kind erfahren haben, dass wir gut so sind wie wir sind und uns nicht „anpassen“ oder „verändern“ müssen, um akzeptiert und geliebt zu werden, nur dann fühlen wir uns „sicher“ und können uns selbst schätzen und lieben, so wie wir sind. Dieser „Narzissmus“ ist für uns lebensnotwendig und schützt uns davor alles gleich „persönlich“ zu nehmen beziehungsweise sich sofort angegriffen zu fühlen und gibt uns die Möglichkeit gezielt und mit Überlegung auf herausfordernde Situationen und Konversationen reagieren zu können. Das Fundament dafür wird bereits im Säuglingsalter gelegt. Denn Selbstwert/Selbstliebe entsteht dadurch, dass ich mich als Baby in mein Spiegelbild im Glanze der Augen meiner Mutter verliebe. Wenn alle Voraussetzungen, die ich als Kind brauche (- ich bin gut so wie ich bin, -ich darf Hilfe annehmen, – ich spiele viel mit Gleichaltrigen, – mein „Neugierverhalten“ wird gestärkt) erfüllt sind fördert das meine Fähigkeit mit stressigen und herausfordernden Situationen umzugehen – sprich meine „Coping-Strategien“. Diese Strategien helfen mir dabei im Gleichgewicht zu bleiben beziehungsweise die Balance in meinem Leben zu halten. Es unterstützt mich auch wesentlich dabei mich auf neue „ungewohnte“ Situationen einzustellen. Denn „Wenn du das Problem nicht ändern kannst, dann ändere deine Einstellung!“ Und je weiter mein Horizont ist beziehungsweise je differenzierter ich das „Problem“ oder die Situation sehe, desto leichter kann ich meine Einstellung dazu ändern. Wenn ich dabei auch andere Meinungen oder Ansichten gelten lassen kann und nicht alles nur „schwarz/weiß“ sehe, sondern auch „Grauschattierungen“ eine Chance gebe, unterstützt mich das wesentlich darin mich auf die neue, ungewohnte und oft herausfordernde Situation einzustellen.

Prinzipiell ist Stress etwas sehr Positives, denn es fördert uns Höchstleistungen erbringen zu können. Nur wie so oft ist diese Leistungssteigerung zeitlich begrenzt und nach einer „Aufwärtsphase“ pendeln wir uns auf einer „Plateauphase“ ein, auf die eine Erholungsphase folgen sollte, da es sonst zu einem Zusammenbruch führen kann. Dieser kann sich dann oft in einer psychischen oder physischen Erkrankung manifestieren.

Inwiefern wir diese „Plateauphase“ erreicht haben, beziehungsweise eine Pause einlegen sollten können nur wir selbst anhand verschiedener Hilfsmittel und Beobachtungen einschätzen. Eine sehr gute Hilfe kann dabei die sogenannte „12 teilige Burn-Out-Skala“ von Herbert Freudenberger sein. Er war selbst lange damit beschäftigt mittels Selbstanalysen festzustellen, in welcher Skala er sich gerade befindet und hat den Grundstein für die Diagnose „Burn Out“ gelegt. Jedoch wird dieser Begriff im deutschsprachigen Raum oft falsch verwendet, da es bedeuten soll, dass jemand ausbrennt und nicht wie bei uns oft gesagt wird „ausgebrannt“ ist. Diese Definition ist entscheidend, denn wenn jemand „ausbrennt“ dann ist noch ein „Licht“ vorhanden, das wieder entfacht werden kann, im Gegensatz zu wenn jemand „ausgebrannt“ ist, denn dann kommt jede Hilfe zu spät. Frauen, die von einem „Burn Out“ betroffen sind reagieren tendenziell sehr oft mit Anhänglichkeit, einer sehr liebevollen und rücksichtsvollen Art und suchen Nähe und Männer äußern ein „Burn Out“ dahingegen tendenziell eher durch zynisches und abweisendes Verhalten. „Burn Out“ oder andere psychische Erkrankungen entstehen oft erst, wenn sich der/die Betroffene aus seinem sicheren, geschützten Umfeld „löst“- sprich in den sogenannten Loslösungsprozessen. Das ist auch die Ursache dafür, dass solche Erkrankungen oft erst im Teenager und Erwachsenenalter entstehen.

Das ist etwas, das mir persönlich sehr bekannt vorkommt, denn richtig ausgebrochen ist meine Depression erst, als ich endlich das Gefühl hatte, mein eigenes Leben zu entwickeln und kurz davor war meine eigene Familie zu gründen. Erst als ich „gezwungen“ war auf meinen eigenen Beinen zu stehen war ich überfordert und bin in meine eigene „dunkle“ Gedankenwelt abgedriftet.

Der Vortrag war wirklich sehr interessant und auch die Art wie Dr. Weinländer ihn gestaltet hat, hat mir sehr gefallen… Ich hoffe es gibt die Möglichkeit mehrere Vorträge von ihm zu besuchen.

„Stress“ ist in unserer Gesellschaft täglich Brot und wir sind doch alle, wenn wir ehrlich sind tagtäglich mehrmals „gestresst“. Dass unser Leben herausfordernd und „stressig“ ist können wir oft nicht beeinflussen, aber was wir wie in meinem Beitrag erwähnt ändern können und meiner Ansicht auch dringend müssen ist die Art, wie wir damit umgehen. Doch das erfordert viel Kraft, Konsequenz, Ausdauer und oft ist es ohne Hilfe und Unterstützung nicht möglich. Ich selbst habe mich gemeinsam mit meiner Psychotherapeutin auf den Weg gemacht meinen Umgang mit Stress und insbesondere den Umgang mit „Konflikten“ zu optimieren, doch ich bin mir bewusst, dass ich erst am Anfang stehe und noch viel Arbeit vor uns liegt.

Doch aller Anfang ist schwer und ich bin überzeugt davon, dass sich diese Veränderungen sehr positiv auf mich, meine Familie und mein Leben auswirken können und werden und das ist es definitiv wert. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich euch ebenfalls dazu motivieren kann euch euren Umgang und eure Reaktion auf herausfordernde Situationen anzusehen und vielleicht ebenfalls erkennt, dass man daran eventuell etwas verbessern könnte… 😉

Eure Christina