FREUDE
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Die Dunkelheit holt mich ein- „Das Gefängnis meiner Gedanken“
28. Dezember 2017

DANKBARKEIT

Heute ist Weihnachten und ich verbringe diesen Tag traditionsgemäß mit meiner ganzen Familie im Ebnit. Es ist ein spezieller Tag für mich, denn heute feiern wir zum ersten Mal zu neunt. Meine kleine Maus Zoe, die im Oktober das Licht der Welt erblickt hat, ist auch dabei. Wir schmücken gemeinsam den Weihnachtsbaum, dann gibt es etwas Feines zu essen und als Krönung werden dann die Geschenke ausgepackt. Es gibt nichts Schöneres für mich als die strahlenden Augen nicht nur von meiner Tochter Xenia, wenn sie die Päckchen öffnet, nein auch die Augen von meinen Brüdern, meinem Mann  Andi und meinen Eltern leuchten. Weihnachten ist für mich ein Erlebnis/ein Ereignis an dem alle nochmal Kind sein können. Darüber hinaus ist es für mich wunderschön diese Ruhe und die Zufriedenheit genießen zu können, denn wieder einmal wird mir bewusst, dass es ein Wunder ist, dass wir das alles gemeinsam erleben können. Eine tiefe Dankbarkeit überkommt mich und ich versuche jede einzelne Sekunde bewusst in mich „aufzusaugen“.

Noch deutlicher wird mir dieses Glück am nächsten Tag, denn da lese ich ein Buch, welches mein Vater meinem Mann Andi geschenkt hat. Der Titel lautet „Mut zur Klarheit- Woher die Kraft zum Weitermachen kommt“ geschrieben von Alexander Pointner und seiner Frau Angela Pointner. Es beschreibt neben einem ersten Kapitel über Schispringen den Suizidversuch ihrer Tochter Nina und den anschließenden harten Kampf, den sie schlussendlich verliert. Nina hatte nicht das Glück, das ich hatte und es führt mir wieder deutlich vor Augen, dass viele andere Betroffene den Weg zurück zum Leben nicht finden. Viele Familien feiern heuer Weihnachten in dem Wissen, dass sie einen lieben Menschen an diese Krankheit verloren haben und dass nichts mehr einmal so sein wird wie bisher. Ich weiß es ist hart das zu lesen und es ist auch für mich nicht leicht diese Gedanken in Worte zu fassen… aber für viele kommt leider jede Hilfe zu spät. Was mir ganz wichtig ist an dieser Stelle, egal wie oder wann jemand der diesen Text liest vielleicht jemanden an die Depression verloren hat weiß, dass er nichts dafür kann und dass es nicht seine Schuld ist. Denn das ist leider etwas, was auch Alexander Pointner in seinem Buch beschreibt, dass man immer und immer wieder in Gedanken an diesen Tag zurückkehrt und sich denkt – was hätte ich anders machen können… Hätte ich es verhindern können… Hätte ich helfen können…!?

Ich weiß, ich kann es nur aus meiner Sicht als Betroffene sagen, aber wenn dieser Tag beziehungsweise dieser Moment gekommen ist an dem du dich dafür entschließt dein Leben zu beenden, dann kann dich nichts zurückhalten. Du willst gehen und nichts und niemand kann dich auf andere Gedanken bringen. Der Wunsch, die Sehnsucht danach dieser Dunkelheit – deinem Gefängnis zu entkommen ist so stark, dass auch die Gedanken daran, was du damit deiner Familie, deinen Freunden und anderen Menschen, die dich gern haben antun könntest in den Hintergrund geraten beziehungsweise sind sie gar nicht präsent. Dein Wunsch diesem Leiden ein Ende zu bereiten und endlich befreit zu sein ist größer und egal wie, du willst einfach nur weg.

Dieses Buch und die Geschichte von Nina haben mich sehr berührt und ich möchte an dieser Stelle Alexander und seiner Frau Angela meinen Respekt dafür aussprechen, dass sie mit diesem Vorfall und dem Kampf von Nina gegen die Depression und die Folgen ihres Suizidversuches an die Öffentlichkeit gegangen sind. Auch sie wollen damit ein Zeichen setzen, dass man dieses Thema nicht in Schweigen hüllen sollte und kämpfen dafür, dass das Thema Depressionen und auch Suizid publik gemacht wird. Auch auf seiner Facebook – Seite hat Alexander Pointner einige Interviews veröffentlicht, die sich mit diesen Themen beschäftigen.

Es läuft mir jetzt noch kalt den Rücken hinunter, wenn ich daran denke, welches Glück ich gehabt habe, dass ich Weihnachten bewusst und dankbar mit meiner Familie erleben kann. Ich lebe und ich bin auf einem guten Weg dazu, mein Leben zu leben, obwohl ich selbst nicht genau sagen kann, wohin mich dieses Leben noch führen wird… Die Neugierde und die Freude überwiegen und ich kann meine Dankbarkeit dafür gar nicht in Worte fassen. Ich möchte an dieser  Stelle auch nochmals allen Menschen dafür „DANKE“ sagen, die daran beteiligt sind, dass ich jetzt diesen Beitrag schreiben kann und nicht wie Nina keine Chance mehr dafür habe meinen Weg weiter zu gehen. Meine Familie, mein Mann Andi, meinen Therapeuten und insbesondere Dr. Jan Di Pauli und Dr. Zulfokar Al-Dubai (mein Psychiater), Andreas Benedikt und seinem Kollegen Daniel Heinzle, dem LKW Fahrer (der so aufmerksam war und gesehen hat, dass ich an der Tür hantiere und daraufhin langsamer geworden ist)…. Es gibt unzählig viele Menschen, denen ich dankbar bin – denn ohne sie wäre ich jetzt nicht mehr in der Lage meine Geschichte zu teilen.

DANKBARKEIT – das ist für mich ein sehr großes und wichtiges Wort – und ich hoffe, dass auch viele andere Betroffene die Möglichkeit bekommen dankbar dafür zu sein, dass auch sie ihren Weg zurück zum Leben gefunden haben. Auf diesem Weg möchte ich allen Betroffenen und deren Familien, sowie Freunden Hoffnung schicken und ihnen Kraft und Mut geben weiterzumachen, weiterzukämpfen gegen die Dunkelheit…ich kann nur sagen, dass es sich für mich gelohnt hat und ich seit diesen Ereignissen die Welt und das Leben mit anderen Augen sehe und schätze…

Ich wünsche euch allen und euren Familien und Freunden auf diesem Weg nochmal s eine wunderschöne, ruhige und erholsame Weihnachtszeit und viel DANKBARKEIT…

Eure Christina