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5. März 2018

Warum kann ich dich nicht lieben!?

Das Wunder der Geburt eines Babys ist wohl eines der schönsten das es gibt. Doch leider ist es vielen nicht möglich, dieses kleine Wunder so zu lieben, wie man es gerne möchte.

Auch ich hatte bei der Geburt von Xenia nicht die Gefühle, die ich gerne gehabt hätte und konnte Xenia nicht als das annehmen was sie war- das schönste Geschenk, dass ich jemals bekommen habe. Wie ich schon bereits in mehreren Beiträgen erwähnt habe war ich bereits vor und auch während der Schwangerschaft mit meiner kleinen Maus schwer depressiv und in meiner eigenen Gedankenwelt gefangen. Ich war so mit mir und meiner dunklen Welt beschäftigt, dass alles wie im Traum – wie in Trance- an mir vorbei gegangen ist und ich diese wunderschöne Erfahrung nicht bewusst wahrnehmen und erleben konnte.

Insgeheim haben wir alle gehofft, dass sich das mit der Geburt von Xenia ändert, denn ich habe mir nie etwas sehnlicher gewünscht als ein Kind zu bekommen. Doch leider hat sich diese Wunschvorstellung nicht in die Tat umgesetzt. Es war sogar das Gegenteil der Fall – zu meinen depressiven Gedanken sind zusätzlich Wahnvorstellungen entstanden, die mich glauben ließen, dass Xenia schwerkrank ist. Ich war zutiefst davon überzeugt, dass sie nicht lange leben würde und diese Gedanken waren für mich kaum zu ertragen. Egal wer mir das Gegenteil bestätigte konnte mich nicht von meiner Überzeugung abbringen – auch Laborwerte und andere Untersuchungen brachten mich nicht von diesen Gedanken ab – den Gedanken, dass mein Kind – meine Xenia sterben würde. Ich war zutiefst verzweifelt und unter anderem – natürlich auch aufgrund meiner depressiven Gedanken – fiel es mir sehr schwer meine kleine Tochter in mein Herz zu lassen und ihr und meiner Umgebung meine Liebe zu zeigen.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Xenia trotz allem meine Nähe und meine Liebe gefühlt hat- dass sie wahrgenommen hat wie sehr ich sie brauche und liebe aber von außen war diese Liebe und diese Nähe leider nicht wahrnehmbar. Ohne meinen Mann Andi und meine Eltern wäre es nicht möglich gewesen, dass Xenia bei mir bleibt, da ich aufgrund meiner Wahnvorstellungen und Depression nicht in der Lage gewesen wäre mich alleine um Xenia zu kümmern. Ich glaube dass sie Xenia das gegeben haben, was ich in dieser Zeit offensichtlich nicht konnte – das Gefühl willkommen und geliebt zu sein. Sie haben die Leere gefüllt, die meine Erkrankung verursacht hat. Ich habe mich schon sehr mit den möglichen Auswirkungen solcher „Bindungsprobleme“ im Säuglingsalter auseinandergesetzt und laut diesen kann es aufgrund dieser lieblosen Beziehungen oft zu „Störungen“ in der Entwicklung eines Kindes kommen… Doch bis jetzt kann ich keine Veränderung oder „Störung“ an Xenias psychischer, sozialer oder physischer Entwicklung feststellen und bin überzeugt davon, dass das möglich war weil meine Familie und Andi Xenia von Anfang an das Gefühl gegeben haben über alles geliebt zu werden.

Eine weitere Person, die Xenia und mich in dieser schweren Zeit sehr unterstützt hat war unsere Hebamme, die uns in der ersten Zeit zur Seite gestanden ist und uns öfters zuhause besucht hat. Organisiert wurde diese Betreuung vom Netzwerk Familie in Zusammenarbeit mit Connexia, die mir wie ich auch schon erwähnt habe sehr geholfen haben und denen ich sehr dankbar bin.

Alle haben daran geglaubt, dass sich diese Wahnvorstellungen und meine depressive Stimmung durch den Kontakt und die Beziehung zu Xenia von „selbst“ (natürlich mit Unterstützung von Medikamenten und Gesprächstherapie) verbessern würden, doch leider war nichts dergleichen der Fall. Da sich die Lage nicht verbesserte hat uns Primar Dr. Jan Di Pauli empfohlen die EKT- Therapie – wie ich schon öfters in meinen Beiträgen erwähnt habe anzuwenden. Dieser Vorschlag und die Umsetzung der Therapie haben dann endlich zu einer Verbesserung meines Zustandes geführt. Bis heute bin ich unendlich dankbar dafür und würde diese Entscheidung jederzeit wieder fällen.

Ich habe vor kurzem einen Beitrag zum Thema Wochenbett- Depressionen und Zwangsstörungen gesehen und in diesem Beitrag ist erwähnt, dass sich diese Veränderungen nicht zwingend gleich nach der Geburt sondern innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes entwickeln können. In diesem Beitrag wurde eine Einrichtung – eine Klinik- mit Wohngemeinschaft von mehreren Müttern die eben von diesen „Erkrankungen“ betroffen sind vorgestellt. Es war sehr spannend, da sie die Geschichten von mehreren Müttern und ihren Kindern beobachtet haben und wie sie sie auf ihrem Weg unterstützen eine Beziehung – einen liebevollen Umgang zueinander zu entwickeln. Es wurde auch erwähnt, dass sich sehr viele Mütter für diese Gefühle und diese Zweifel schämen und sich nicht trauen Hilfe anzunehmen. Laut den Angaben in diesem Beitrag lassen sich nur 7% der betroffenen Mütter helfen.

Hilfe annehmen ist wie ich ebenfalls schon öfter erwähnt habe sehr schwierig und oft versucht man die Situation selbst in den Griff zu bekommen weil man es selbst nicht verstehen kann und will und sich dafür schämt. Mir ist es damals gleich gegangen – aber im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass ich ohne Hilfe jetzt nicht da wäre wo ich bin – nicht das Leben führen könnte – ein glückliches – natürlich auch oft anstrengendes  (wer selbst Mutter ist kennt das nur zu gut) Leben mit meinen zwei wundervollen Mädchen, die ich über alles liebe und auf die ich unglaublich stolz bin.

Ich hoffe, dass auch viele andere Mütter, die merken, dass etwas an ihrer Beziehung zu ihrem Kind nicht stimmt beziehungsweise sich nicht richtig anfühlt helfen lassen und alles dafür tun, dass die Liebe zurück zu ihnen kommt und sie sich nicht ständig fragen müssen: „Warum kann ich dich nicht lieben!?“

Eure Christina