„EKT – Elektrokonvulsionstherapie“

„Konfrontation“
19. März 2018
Veränderung
2. April 2018

„EKT – Elektrokonvulsionstherapie“

Wie ich schon in meinen Beiträgen erwähnt habe bin ich so dankbar dafür, dass Primar Dr. Jan Di Pauli in meinem Fall entschieden hat mich mit Hilfe der „EKT – Elektrokonvulsionstherapie“ zu behandeln. Medikamente und Gesprächstherapien haben bei mir leider nicht den gewünschten Effekt gebracht und daher hat man sich dann für diese Art der Therapie entschieden.

Bereits nach ein paar Behandlungen hat sich mein Zustande verbessert und ich bin nach wie vor überzeugt, dass diese EKT-Behandlungen im LKH Rankweil sehr viel bewirkt haben. Dank ihnen war es und ist es mir möglich wieder aktiv am Leben teilzunehmen und mein Leben wieder genießen zu können.

Es haben mich bereits ein paar Leser und andere Bekannte auf diese Art der Therapie und ihre Durchführung angesprochen und deshalb habe ich entschieden der EKT- Therapie einen Beitrag zu widmen, dass ihr einen Einblick darüber bekommt was hinter diesen Behandlungen steckt und wie sie durchgeführt werden.

Ich habe mich dafür bei Primar Dr. Jan Di Pauli persönlich informiert und zusätzlich eine Broschüre erhalten, in der die wichtigsten Fragen zu dieser Form der Therapie beantwortet werden.

Laut Angaben der Broschüre können fast alle psychischen Erkrankungen heute so behandelt werden, dass es zu einer deutlichen Besserung kommt und die betroffenen Menschen wieder am Alltag teilhaben können. Es gibt aber eine Gruppe von Patienten- wie auch in meinem Fall- die trotz langer und intensiver Behandlung nicht ausreichend auf Medikamente und Psychotherapie ansprechen. Andere benötigen sehr rasche Hilfe, weil sie ganz akut und lebensbedrohlich krank sind. Diesen Menschen kann in vielen Fällen mit einer „Elektrokonvulsionstherapie- EKT“ geholfen werden. Bei 50-90% der Patienten kommt es nach der Therapie zu einer Rückbildung der Beschwerden.

Die Wirksamkeit der EKT ist seit vielen Jahren wissenschaftlich belegt, trotzdem gibt es noch viele Mythen und falsche Vorstellungen um diese Therapie. Die Darstellung in Filmen, Büchern und historischen Berichten hat mit der heutigen Behandlungsrealität nichts mehr gemeinsam. Die EKT findet heute im Krankenhaus statt, die Patienten gehen freiwillig in die Behandlung und unterzeichnen – in Ausnahmefällen auch ihr gesetzlicher Vormund – vorab die Einverständniserklärung.

Dennoch haben vielen Betroffene und ihre Angehörigen große Vorbehalte gegenüber EKT. Deshalb hat man diesen DGPPN- Ratgeber „EKT in 24 Fragen“ entwickelt. Er fasst die wichtigsten Fakten zusammen, erklärt, für welche Patienten EKT in Frage kommt, wie die Therapie wirkt, wie sie abläuft und mit welchen Risiken und Nebenwirkungen sie verbunden ist. Die für mich persönlich wichtigsten Fragen habe ich in diesem Beitrag zusammengefasst und die Antworten in Kurzform festgehalten. Falls es weitere Fragen gibt habe ich gegen Ende des Beitrags Kontaktdaten angeführt, an wen man sich diesbezüglich wenden kann.

Alle Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung ziehen

Die Vorstellung davon sich „Stromstößen“ für das Gehirn auszusetzen ist natürlich für viele keine einladende Vorstellung. Oft werden dabei Erinnerungen an Filme wie „Einer flog übers Kuckucksnest“ geweckt und beschwört das alte Vorurteil von einer Psychatrie, in der eher gefoltert als geheilt wird. Das hat aber mit der heutigen Realität nichts zu tun.

EKT sollte auf keinen Fall erst angewendet werden, wenn man quasi keinen anderen Ausweg mehr sieht, sondern bei schweren Depressionen – eine der häufigsten Indikationen – frühzeitig in Erwägung gezogen werden. Denn je länger eine Depression anhält, umso schlechter spricht sie auf eine Behandlung an.

Wie bei mir sollte eine EKT immer dann in Erwägung gezogen werden, wenn die psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung trotz mehrfach gewechselter Wirkstoffe keine befriedigende Wirkung zeigt – oder wenn der Gesundheitszustand Anlass zu großer Sorge gibt – insbesondere bei akuter Suizidgefahr.

1. Was ist EKT?

EKT ist ein wissenschaftlich anerkannte medizinisches Behandlungsverfahren für schwere psychische Erkrankungen. Sie ist hochwirksam und im Verhältnis zu der schwere der behandelten Erkrankungen nebenwirkungsarm. Im Rahmen einer Kurznarkose wird das Gehirn über Elektroden an der Kopfhaut für wenige Sekunden mit sehr kurzen elektrischen Impulsen angeregt. Ein Teil der Nervenzellen koordiniert dadurch vorübergehend ihre Aktivität, sie schwingen im gleichen Takt. Ähnlich wie bei einem generalisierten Anfall kehren sie nach ungefähr einer Minute selbstständig wieder in ihren ursprünglichen Funktionszustand zurück. Wendet man das Verfahren im Abstand von Tagen mehrmals an , führt es bei der Mehrzahl der Patienten zu einer vollkommenen Rückbildung oder zumindest deutlichen Besserung der Beschwerden.

Im LKH Rankweil findet die Behandlung für gewöhnlich an zwei Tagen in der Woche statt und die Behandlungszeit beträgt ca. 15 Minuten. Für jede Behandlung bin ich am Mittag – nüchtern- aufgrund der Narkose- ins LKH Rankweil gefahren, wo ich auf der Station O3 auf die Behandlung vorbereitet wurde. Anfangs fanden zwei Behandlungen pro Woche statt – die Abstände wurden dann aber mit Besserung der Symptome vergrößert. Insgesamt wurde ich für ein Jahr mit EKT behandelt.

2.Wie gut sind die Erfolgsaussichten?

Die EKT ist als wirksamste Behandlung therapieresistenter oder akut bedrohlicher depressiver Störungen allgemein anerkannt. Der Wirkeintritt erfolgt – wie auch bei meinem Fall – rasch. Es kann je nach Vorbehandlung in 50-90% der Fälle eine Rückbildung der Beschwerden erreicht werden. Allerdings nehmen die Chancen auf Besserung mit zunehmender Krankheits – und Episodendauer sowie dem Ausmaß der Vorbehandlung ab. Bei manischen und psychotischen Störungen liegen die Ansprechraten vermutlich etwas niedriger als bei depressiven Störungen

3.Wann sollte keine EKT durchgeführt werden?

Absolute Kontraindikationen für eine EKT Behandlung gibt es nicht. Allerdings sollte sie nur dann erfolgen, wenn bei der vorliegenden psychischen Erkrankung die Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Daneben wird unter Umständen auf eine EKT verzichtet, wenn der Patient zusätzlich an bestimmten körperlichen Krankheiten leidet. Dazu gehören z.B. manche Formen von Hirntumoren, kurz zurückliegende Herz – oder Hirninfarkte sowie Venenthrombosen mit erhöhtem Komplikationsrisiko. Natürlich muss eine Kurznarkosefähigkeit gegeben sein

4.Wie sicher ist EKT und welche Nebenwirkungen können auftreten?

Die EKT ist eine sehr sichere Behandlung, das Risiko für ernste bis lebensbedrohliche Komplikationen ist mit ungefähr 1:30.000 Behandlungen vergleichbar mit dem einer Kurznarkose ohne EKT. Eine sorgfältige körperliche Voruntersuchung garantiert eine sehr hohe Sicherheit. Ein Teil der Patienten klagt nach der EKT vorübergehend über sogenannte kognitive Störungen, d.h. gestörte Denkvorgänge, meist in Form von Lern- oder Gedächtnisstörungen. Es können auch Gedächtnislücken im Hinblick auf die aktuelle Behandlung vorkommen.

–          Zahlreiche Studien mit unterschiedlichen Methoden ergaben keine Hinweise für Schäden des Hirngewebes durch EKT. Im Gegenteil zeigen neue wissenschaftliche Ergebnisse, das manche psychische Erkrankungen das Schrumpfen von Hirngewebe verursachen und sich dieser Prozess durch EKT wieder umkehrt. Die Therapie führt durch eine Ausschüttung von Nervenwachstumshormonen zur Neubildung von Nervenzellen, deren Kontaktstellen und den sie verbindenden Bahnen.

Vorübergehend, gut behandelbare Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Muskelkater, Schwindel und Übelkeit lassen sich symptomatische therapieren und bilden sich spontan zurück.

5.Wie läuft die EKT praktisch ab?

Die EKT findet stationär oder ambulant – wie in meinem Fall – im Krankenhaus statt. Die Patienten werden durch einige Untersuchungen auf die Behandlung vorbereitet. Ein Psychiater und ein Anästhesist führen sie gemeinsam während einer Kurznarkose durch, die einige Minuten dauert. Wie bereits erwähnt wird das Gehirn für wenige Sekunden mit sehr kurzen elektrischen Impulsen über die Kopfhaut stimuliert. Die restliche Muskulatur bleibt dabei – aufgrund der Kurznarkose – entspannt. Ein Teil der Nervenzellen wird durch die elektrischen Impulse zu einer Aktivität im gleichen Takt angeregt. Wenige Minuten nach der Behandlung wacht der Patient wieder auf. Wenn man ambulant behandelt wird ist man danach noch für eine gewisse Dauer auf der Station um gegebenenfalls Nebenwirkungen oder Nachwirkungen der EKT beobachten und behandeln zu können.

6.Wie wirkt EKT?

Als gesichert gilt, dass die vorübergehend koordinierte Aktivität der Nervenzellen therapeutisch wirksam ist. Bei wiederholter Anwendung der EKT werden hirneigene Heilungsprozesse angestoßen, Hormone für das Nervenwachstum ausgeschüttet, neue Nervenzellen gebildet und zusätzliche Verbindungen im Hirngewebe verknüpft. Dies führt zu einer Regeneration von Hirngewebe und zu einer Wiederherstellung von Funktionen, die durch die Krankheit eingeschränkt waren. Darüber hinaus ist eine Vielzahl von Wirkungen der EKT auf Botenstoffe, Hormone und Eiweiße im Gehirn beschrieben und es gibt klinische Hinweise, dass sie die Wirkung der medikamentösen Therapie unterstützt.

7.Was unterscheidet EKT von einem epileptischen Anfall?

Bei einer EKT sind ähnlich wie bei einem spontanen epileptischen Anfall ein Teil der Nervenzellen im Gehirn für einen begrenzten Zeitraum im gleichen Takt aktiv. Bei einer Epilepsie rufen kranke Bereiche im Gehirn diese Zustände immer wieder selbst hervor. Bei der EKT treten sie nur auf, wenn sie durch Stromimpulse von außen dazu angeregt werden. Wichtig ist dabei zu wissen, dass die EKT zu keiner Entstehung einer Epilepsie beiträgt. Bei der EKT werden diese Anfälle auch sorgfältig von einem Psychiater und einem Anästhesisten vorbereitet und überwacht. Es wird auch die Stärke und die Dauer der Nerventätigkeit während des Anfalls kontrolliert und es kommt zu keiner Verkrampfung der Muskulatur.

8.Lässt sich EKT mit anderen Therapieformen kombinieren?

Die EKT sollte als Teil eines Gesamtbehandlungsplans eingesetzt werden, der medikamentöse, psycho-,sozio-,ergo- und physiotherapeutische Maßnahmen umfasst.

9.Welchen geschichtlichen Hintergrund hat EKT?

Auf diese Frage möchte ich nur kurz eingehen – bei weiteren Fragen bezüglich der Geschichte verweise ich auf die Quelle Wikipedia – hier stehen einige ausführliche Berichte zum historischen Hintergrund der EKT Behandlungen.

Ladislav Meduna untersucht3e in den 1930er Jahren an der psychiatrischen Klinik in Budapest die Wirkung von generalisierten Anfällen, die er durch Injektion von Kampfer auslöste, zunächst im Tierversuch und ab 1934 bei schizophrenen Patienten. Hieraus entwickelte er die medikamentöse Konvulsionstherapie.

Ugo Cerletti und sein Assistent Lucio Bini verbesserten die Methode Medunas, indem sie ab 1938 die Anfälle mit elektrischem Strom auslösten, statt mit Pharmaka. Das Verfahren funktionierte zuverlässiger, zeitlich präziser und war mit weniger Nebenwirkungen verbunden.

10.Warum spricht man heute von EKT- Elektrokonvulsionstherapie?

Historische Bezeichnungen für die EKT, wie sie vor 30 oder 70 Jahren durchgeführt wurde, sind Elektrokrampftherapie und Elektroschock. Diese Begriffe waren ursprünglich inhaltlich angemessen und hatten im Rahmen des Zeitgeistes eine sinnvolle Bedeutung. Heute führen sie bei Laien zu angstmachenden, falschen Vorstellungen. In der Zwischenzeit hat sich die EKT zu einem modernen medizinischen Verfahren entwickelt. Der national gebräuchliche Name Elektrokonvulsionstherapie spiegelt dies wider und verhindert Verwechslungen.

11.Ist EKT eine wissenschaftlich begründete Therapie?

Derzeit liegen weltweit deutlich mehr als 13.000 wissenschaftliche Untersuchungen zur EKT vor. Wirkungen und Nebenwirkungen sind deshalb bestens bekannt.

12.Ist die EKT eine erprobte Therapie?

Die EKT hat sich über mehrere Jahrzehnte im klinischen Alltag hervorragend bewährt und ist dadurch technisch ausgereift. Sie ist in fast allen Ländern der Welt verfügbar. International werden derzeit mehrere Millionen Behandlungen pro Jahr durchgeführt.

13.Wie geht es nach der EKT weiter?

Nach einer EKT- Serie bedürfen die Patienten aus verschiedenen Gründen einer besonderen Aufmerksamkeit. War die Behandlung nicht erfolgreich, muss der Behandler dem Patienten vermitteln, dass er ihn nicht aufgibt, sondern mit anderen Therapieoptionen weiter begleitet. Bei einer erfolgreichen Behandlung kann durch die relativ schnelle Besserung für den zuvor oft lange kranken Patienten eine völlig neue Situation im Umgang mit sich und der Umgebung entstehen. Dies sollte mit dem Betroffenen und ggf. den Angehörigen besprochen werden. Daneben besteht wegen der Chronizität und Therapieresistenz der behandelten Störungen eine sehr hohe Rückfallgefahr. Dies lässt sich durch eine Kombination aus medikamentöser Prophylaxe, psychotherapeutischer Begleitung und EKT- Erhaltungsbehandlungen erheblich senken. Erhaltungsbehandlungen sollten in zunächst wöchentlicher, später individuell angepasster Häufigkeit über sechs bis 24 Monate fortgeführt werden.

14.An wen können sich die Patienten wenden?

Es existiert ein Netz von Krankenhäusern, die das Verfahren anwenden. Niedergelassene Fachärzte und psychiatrische Kliniken können Informationen über lokale EKT- Zentren vermitteln. Bei uns in Vorarlberg wird die EKT Behandlung wie gesagt im LKH Rankweil von Primar Dr. Di Pauli und seinem Team durchgeführt.

Kontaktdaten:

Dr.med. Jan di Pauli                                                                                                                                                                                                                                                          LKH Rankweil, Abteilung für Psychiatrie I                                                                                                                                                                                                                          Rankweil, Österreich                                                                                                                                                                                                                              E-Mail: jan.dipauli@lkhr.at

Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP)                                                                                                                                                              Baumgartner Höhe 1                                                                                                                                                                                                                                                     A-1145 Wien                                                                                                                                                                                                                                                                         Tel: +43 1 91060 11311                                                                                                                                                                                                                                                 E-Mail: office@oegpp.at                                                                                                                                                                                                                                   www.oegpp.at

Abschließend möchte ich sagen, dass ich zutiefst davon überzeugt bin, dass ich unter anderem der EKT Behandlung verdanke, dass ich wieder in der Lage bin ein aktives und unbeschwertes Leben zu führen. Ich weiß, dass diese Behandlung nach wie vor für viele „Horrorszenarien“ herauf beschwört, das war auch bei mir und meiner Familie anfangs der Fall. Aber nachdem wir uns dank ausführlicher Erklärung von Primar Dr. Jan Di Pauli für diese Form der Therapie entschieden haben wurden unsere Bedenken aufgehoben. Leider ist wie auch in diesem Beitrag erwähnt die EKT Therapie kein Allheilmittel und ich kenne leider auch Fälle, bei denen diese Behandlung nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hat. Ich werde daher auch andere therapeutische Interventionen auf meinem Blog veröffentlichen und hoffe, dass ich einigen Betroffenen oder ihren Angehörigen damit einen besseren Einblick in die Vielfältigkeit der Therapiemöglichkeiten von psychischen Erkrankungen geben kann.

Ich kann nur von mir persönlich sprechen, wenn ich sage , dass ich damals alles gemacht und ausprobiert hätte, wenn dabei auch nur die geringste Chance dafür bestanden hätte, dass ich dieser Dunkelheit und dem Gefängnis meiner eigenen Gedanken entfliehen kann.

Ich wünsche auf diesem Weg allen, die selbst an Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden, dass auch sie die Therapie finden, die es ihnen ermöglicht ihren Weg zurück zum Leben zu finden und dadurch wieder aktiv und positiv am Alltag teilnehmen zu können. 😊

Alles Liebe

Eure Christina